Archiv der Kategorie: Management

Komme was wolle …

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Komme was Wolle –
rote Fäden für Werte & Ziele …

 

 

 

 
Wenn Wohl und Wille
ein gutes Netzwerk schaffen,
dann erstrickt sich
ein farbenfrohes Gehaltensein;
eine wirksame Organisation,
im Kleinen
wie im Großen.

Wort und Wille –
orientieren
das psycho-soziale
Strickwerk …

Werte und Wille –
knüpfen  ein Erfülltes;
erschaffen
ein emergentes Mehr …

von mir,
von Dir –
und auch von Teams …

Etwas Wolle braucht der Mensch;
zu seinem Wohle – und auch Wille –
komme was wolle …

 

Der Traum „vom autonomen Auto“ …

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Autohersteller auf der US-Messe CES (2015)

Der Traum vom Fahren ist offenbar, nicht mehr fahren zu müssen, zumindest wenn fahren „Führen“ bzw. „Steuern“ bedeutet. So wird es zumindest auf der diesjährigen Messe in Las Vegas eindrucksvoll (weil emotional) kommuniziert (tagesschau vom 6.1.2015).

Wenn das Automobil letzten Endes auto-mobil wird, dann hat der Fahrzeugführer an Einfluss verloren, denn die Entscheidung für oder gegen eine Aktion wird ihm abgenommen. Was vor Jahren mit den „intelligenten Kopierern“ in unseren Büros angefangen hat, wird in den kommenden Jahren bis Jahrzehnten in einer Autonomisierung der Maschinen gipfeln.

Das kann Mann oder Frau auf der einen Seite als Erleichterung empfinden, auf der anderen Seite müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass damit dem Menschen ein weiteres Trainingsfeld für Entscheiden und Handeln weggenommen wird. Und wie wollen wir Handeln können, wenn wir nie geübt haben mit Unsicherheit umzugehen, von der Verantwortung des eigenen Handelns ganz zu schweigen. Die Nachwachsenden haben m.E. auch zunehmend weniger „Landkarten“ im Kopf, denn die Orientierung übernimmt „das Navi“. Dem überlassen wir die Entscheidung, wie wir fahren (ich ver- oder überlasse mich beispielsweise deutlich weniger dem Navi als meine Söhne …) – manchmal ist es besser, manchmal nicht.

Wenn wir es als Luxus betrachten, nicht mehr enstscheiden zu müssen, dann ist ein „Auto-Auto“ in der Tat ein Luxusgut. Wenn wir hingegen Entscheidungsfähigkeit als ein Lebensmerkmal ansehen, dann schimmert durch solche Luxusgüter ein Etwas, dem zu erliegen zur Folge haben könnte, das Menschliche langfristig zu erlegen (in Organisationen ist das m.E. auch zu beobachten …). Wo wollen wir Entscheidungskompetenz langfristig verorten: in uns oder außerhalb von uns, in einem System oder außerhalb des jeweiligen Systems – das scheint mir im Kontext von Führung eine spannende Frage zu sein.

Und letztlich: Das alles hat ganz viel mit Bildung zu tun, jedoch weniger mit dem, was landläufig mit „Wissen“ bezeichnet wird. Denn es geht ganz eigentlich darum, eine Kompetenz für die Handhabung von Unsicherheit zu entwickeln, erst daraus entwickelt sich „Sicherheit“ für lebende Systeme. Deshalb kann man „Un-Sicherheit“ auch als einen (positiven) Wert ansehen; und verschwinden wird sie allemal nicht, denn sie wesentlicher Bestandteil des Lebendigen …

Zurück zum Ausgangspunkt: Das Auto-Auto (sozusagen ein Automobil 2. Ordnung) wird mit Sicherheit kommen und ich kann dem auch einiges abgewinnen (d.h. Interessantes visionieren), allerdings weniger gut, wenn ich als (schleichende) Gegenleistung auf meine Autonomie verzichten soll. Also gilt es zu danach zu fahnden, wo die autonomen Felder für das Menschsein im 21. Jahrhundert liegen könnten – das hätte etwas von neuem Freiraum. Das hat etwas von: eine andere liberale Idee braucht es. Gesucht wird demnach ein Gegen-Wert zur allgemeinen Auto-Auto-Tendenz in einer zunehmend durchoperationalisierten Postmoderne, das wäre eine Art neue liberale Qualität, die mehr Sinn macht – aber das ist ja auch nicht neu …

P.S.: Dass in den 90er-Jahren dazu übergangen wurde, die Autobahnausfahrten mit Nummern zu versehen, ist ein weiteres kleines, aus meiner Sicht jedoch konkretes Beispiel, wie wir die Ausbildung von mentalen Landkarten („mind maps“) eher unterdrücken als förderrn. Denn so praktisch eine Zahl gerade wegen ihrer Abstraktheit ist (sie sind absolut wert-voll in der Relation), so tragisch ist, dass durch ihre Verwendung bei der Bezeichnung von Ausfahrten in realen Landschaften, die neuronale Vernetzung mit der lokalen Region mit Namen, Bild, Emotion usw. entkoppelt wird. Auf Dauer hat das eine entfremdende Wirkung – die sich auch in der Alltagssprache abbildet: „Da musst die Ausfahrt 37 nehmen …“

Der Tesserakt – und ein Mehr-Zeller in Bewegung …

150106_Tesserakt„tessera“ heißt vier auf griechisch und „Tesserakt“ bezeichnet einen vierdimensionalen Hyperwürfel, der freilich nicht wirklich vorstellbar ist.

Während wir uns einfach vorstellen können wie aus einem Punkt eine Linie wird, wie aus einer Linie ein Quadrat und aus einem Quadrat ein Würfel, scheitern wir bei der Fortsetzung, nämlich wie aus einem Würfel ein Tesserakt wird, ein Hyperwürfel. Also ein Gebilde aus acht gleich großen Würfeln, ein Acht-Zeller.

Allerdings gibt es hier eine interessante Simualtion eines Acht-Zellers, die als visualisierte Annäherung (die Zellen sind eben keine Würfel) an den Tesserakten dient. Das schöne dabei ist, dass dieses Gebilde sich permanent umstülpt und sich damit kontinuierlich „rund“-erneuert. Das finde ich eine inspirierende Animation, denn ich sehe darin eine Metapher für andere Vielzeller, Lebewesen etwa oder lebende Systeme ganz allgemein. Die kontinuierliche Selbst- bzw. Eigenreferenz als Voraussetzung für Entwicklung, d.h. Ent-Wicklung – und damit Fortsetzung, also Fort-Setzung …

Quelle: Wikipedia

„Mittelorientierung anstatt Zielorientierung“

„Für uns war es […] von Vorteil keine Sales-Erfahrung mitzubringen, denn wir haben uns um das allgemein gültige Wissen zum Thema Sales nicht gekümmert. Das hat uns einzigartig in den Augen vieler Kunden gemacht und uns die erwähnten jährlichen Steigerungen, in einzelnen Jahren Verdoppelungen der Erlöse eingebracht und gleichzeitig eine stabile Basis für langfristige Kundenbeziehungen geschaffen. Wie ich später lernen durfte, ist ein Salesprozess im klassischen Sinn sehr zielorientiert: Man erstellt Accountpläne, Marketingpläne, Marktstudien, Buying Center Analysen und vieles mehr. Und obgleich diese Instrumente irgendwo, irgendwann einen Sinn gehabt haben mögen, oder ihn vielleicht noch immer haben – was genau hätte mir das beim Verkauf meiner Dienstleistungen aus dem Blickwinkel des Jahres 2008 gebraucht? Hätte ich mich sechs Monate mit Accountplänen beschäftigen sollen, um festzustellen, dass die ausgearbeiteten Targetkunden keinen Bedarf an meinen Dienstleistungen haben, und in der Folge frustriert aus dem Markt ausscheiden, weil wir ohnedies nach weiteren sechs Monaten nichts verkauft haben? Die Frage hat sich für uns nicht gestellt. Wir wussten erstmal nichts über Sales und es kümmerte uns auch nicht. Mein Team und ich gingen eher mittelorientiert denn zielorientiert an das Thema.“ Sonja Radatz, im Trendbuch 2014 (tiny.cc/a346ix).

Wenn wir über „Unternehmen“ sprechen, denken wir zu sehr in Ergebnissen und Resultaten, statt in der eigentlichen Tätigkeit, im „unternehmen“. Schon Weick hat auf diesen sprachlichen Umstand hingewiesen, der allein durch den unterschiedlichen Gebrauch von Verben oder von Substantiven eine unterschiedliche Wirkung erzielt: „Wenn Organisationsforscher im Gebrauch von Substantiven geizig, im Gebrauch von Verben freigiebig und im Gebrauch von Gerundien verschwenderisch werden würden, dann würde Prozessen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, und wir würden mehr darüber erfahren, wie man sie begreifen und lenken kann.“ (Weick 1995, Der Prozess der Organisierens),

Ich habe ein verfahrenstechnisches Verständnis von Organisation, denn sie dient im weitesten Sinn einer „Stoff-Umwandlung“, wobei „Roh-Stoffe“ hart, „soft“ und hochanpassungsfähig sein können: Hardware, Software und eben der Mensch – alles auch Bestandteile moderner lebender Organisationen. Es ist daher von nachhaltigem Wert, mehr Aufmerksamkeit auf die Mittel als auf die Ziel zu legen, denn Ziele kann man auch haben, wenn die Mittel ausgegangen sind – in dieser Situation werden „Ziele“ als Wunschvorstellungen erkannt, machmal auch enttarnt.

Fußball und Management: Ziele vs. Visionen

Am Dienstag saß ich mit einem Manager eines sehr bekannten Unternehmens beim Mittagessen und wir kamen (nicht wirklich überraschend) auf das Thema Organisationsentwicklung und Veränderung zu sprechen. Praktisch zeitgleich mit dem Eintreffen der deutschen Fußballnationalmannschaft, des neuen Weltmeisters, in Berlin. Da ich selber seit 50 Jahren Fußball spiele, habe ich diese Metapher für gelingende Organisation immer sehr authentisch im Köcher.
140717_DFB WM2014_news-de_joker-goetze-schiesst-deutschland-zum-vierten-wm-titel-1405326966 Und als wir über Ziele sprachen, habe ich in einem Nebensatz die Unterscheidung zu Visionen hinterfragt, und es stellte sich heraus, dass mein Gegenüber – obwohl er auch schon viele Berater und Strategieentwickler im Unternehmen erlebt hatte – diesen Unterschied nicht klar angeben konnte. Dann habe ich einfach das Projekt „WM 2014“ genommen und gesagt, dass Joachim Löw ganz bestimmt nicht den Gewinn des WM-Titels als „Ziel“ erklärt hat, sondern dass das eine „Vision“ ist. Seinen staunenden Blick konnte ich auflösen, als ich erklärte, dass weder Löw noch die Mannschaft den Titelgewinn vor einer Endspielbeteiligung wirklich erreichen können.

Denn gute Ziele sind erreichbar (vielleicht kennen Sie S.M.A.R.T. – Ziele, das R steht für realistisch). Und genau das wurde der WM-Titel erst, als das deutsche Team das Halbfinale gewonnen hatte. Aus diesem Grund betonen geschickte Trainer immer so sehr, wie wichtig es ist, das nächste Spiel im Kopf zu haben, nie das übernächste oder noch weiter voraus (wer zu weit vor-aus denkt, steht vor dem aus – sagt mein Sprach- u. Bedeutungsspieler …).

Damit bleibt der Gesamtprozess auf einem realistischen Pfad. Dazu gehört übrigens auch, dass historische Siege wie das 7:1 gegen Brasilien nicht überemotionalisiert werden, denn es ist und bleibt eben bloß ein Schritt im Gesamtprozess. Das haben alle Spieler verstanden, verinnerlicht und auch gelebt (siehe die Interviews danach) – und es ist das Verdienst von Löw und seines Managementteams, diese Werte und die Unterschiede von Ziel und Vision für sich so klar, und als Folge davon, in der Mannschaft nachhaltig installiert und konfiguriert zu haben – innerlich wie äußerlich.

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ – an dieser Stelle widerspreche Helmut Schmidt ausnahmsweise sehr deutlich; und ich möchte seine Aussage sogar umkehren: Wer keine Visionen hat, der sollte einen Arzt oder Therapeuten oder einen (systemischen) Berater aufsuchen …

In jedwedem Sinne: Viel Erfolg!
Claus Riehle

P.S.: Über die besondere soziale Kompetenz, die ich seit Jahren bei Joachim Löw zu beobachten glaube, habe ich mich schon zur letzten Europameisterschaft in der Zeitschrift Lernende Organisation geäußert. Den Artikel (2012, LO68) schicke ich Ihnen gerne bei Interesse …

Schlagworte: #Fußball, #Management, #Ziele, #Visionen, #Löw, #WM2014, #INTERdisziplin

Bildquelle: www.news.de, Antonio Lacerda/dpa